Alles präpariert für unsere Auswanderung nach den Tempeln. Präzis um 6 Uhr brachen wir auf, Edmund, Elise und ich in Sänften, Grünau und Herr Cordes zu Pferde.
Am frühen Morgen machte Peking einen etwas besseren Eindruck. Sobald man hält, versammelt sich sogleich eine Schar neugierig gaffender Menschen, die aber eigentlich einen ziemlich harmlosen Eindruck machen.
Wir passierten die Mauern der Kaiserstadt, über welche Tempel mit geschwungenen Dächern herüberschauen, und die Spiegelung der rosa Mauern und gelbgrünen Kacheln in den breiten Gräben war recht malerisch und erinnerte an Birma. Sehr hübsch ist auch der „Kohlenberg" mit grünen Bäumen bedeckt, zwischen denen gelbe geschwungene Kacheldächer herausschauen. Früher durfte man auf diesem Berg spazieren gehen, aber jetzt haben die Chinesen auch dies den Fremden verboten.
Sobald man aus den Mauern Pekings herauskommt, atmet man erleichtert auf; die Luft wird rein, man sieht grüne Felder, und die blauduftigen Berge kommen immer näher heran. Die Straße ist außerdem so musterhaft, dass man nicht mehr in China zu sein glaubt, und das kommt daher, weil sie zu dem Sommerpalais der Kaiserin-Exregentin führt. Dies Palais, welches ein Konglomerat von Häusern und Tempeln ist, liegt weithin sichtbar auf einem Hügel in einem großen von Mauern umgebenen Grundstück.
Es ist ein seltsames Gefühl, sich praktisch häuslich in einem chinesischen Tempel niederzulassen! Dieses Gefühl des Seltsamen und Irrealen hatte ich recht, als wir nachmittags um 3 Uhr endlich in unserm Tempel Ta chiao sse anlangten.
Von einem Tempel kann man eigentlich nicht sprechen, sondern es sind eine Menge Tempel und Höfe mit Priesterwohnungen, die am Abhang eines Berges zwischen schönen Bäumen stehen und von einer bemoosten grauen Mauer umgeben sind. Durch die ganzen Höfe fließt frisches Wasser, und uralte Pappeln und Zedern beschatten die Häuser mit ihren geschweiften grauen Dächern, auf deren Kanten Reihen kleiner verwitterter Steindrachen sitzen.
Wir wohnen in dem höchstgelegenen Tempelchen, hinter welchem eine frische Quelle aus dem Stein hervorsprudelt, einen kleinen Wasserfall bildet und in einem natürlichen Wasserbecken gefangen wird. Um das Haus herum und den ganzen Berg hinan stehen viele schöne Bäume, und es blühen viele wilde Blumen.
Ich war gleich ganz verliebt in den Ort und hatte nichts annähernd so Hübsches erwartet. Es ist unbeschreiblich friedlich und still, und wenn wir das ganze Jahr hier leben könnten, hätte ich nichts gegen den Posten einzuwenden.