Jerolim von Benko, 1892
Der schnellen Verbreitung lokaler Nachrichten, der
wichtigen Handelstelegramme u.s.w. dienen vier täglich erscheinende Zeitungen:
die North China Daily News, der Shanghai-Courier und Shanghai Mercury, welche in
englischer, und der Ostasiatische Lloyd, welcher in deutscher Sprache erscheint.
Diesen schließen sich zwei außerordentlich fleißig gelesene billige
chinesische Tagesblätter, Shun-Pao und Hu-Pao, sowie vier englische
Wochenschriften an. Die letzteren führen die Namen China Herold, Celestial
Empire, Cathay Post und Temperance Union.
Die beiden erwähnten chinesischen Zeitungen haben Europäer
als Eigentümer und Herausgeber. Der Hu-Pao wird von der Redaktion des North
China Herald, der Shun-Pao (Shen-Pao) von Herrn Major*, Besitzer einer
bedeutenden chinesischen Druckerei zu Shanghai, herausgegeben. Beide Blätter können
als der Ausdruck der öffentlichen Meinung im gebildeten Teile der chinesischen
Einwohnerschaft Shanghais angesehen werden. Obwohl, wie gesagt, Eigentum von
Europäern, stehen diese Blätter in politischen Fragen durchaus nicht immer
einseitig auf dem Standpunkte der Fremden, und vielleicht ist dieser
Unparteilichkeit der günstige fortschrittliche und zivilisatorische Einfluss
dieser Blätter zu danken. Der Shen-Pao erreicht einen Absatz von
12.000—13.000 Exemplaren; so billig das einzelne Blatt ist (10 Cash), so wird
dasselbe doch noch von einem Leser an den anderen mehrere Male weiter verkauft,
bevor es endlich — zu ganz minimalem Preise — von subalternen Postagenten
erstanden wird, welche dasselbe dann in die Provinzen versenden, und damit noch
gute Geschäfte machen. Auch der Hu-Pao ist, besonders in der Provinz, sehr
verbreitet.
*) Mr. B. Major hat vor zehn Jahren zuerst
die Photolithographie für den Druck chinesischer Werke — die in Typendruck äußerst
schwierig herzustellen sind — in größerem Maßstabe eingeführt. Gegenwärtig
gibt es schon acht chinesische Druckereien in Shanghai, welche das gleiche
Verfahren anwenden. Auch das Stereotypverfahren wurde von Mr. Major mit Erfolg für
die Herstellung von umfangreichen Enzyklopädien und Wörterbüchern angewendet.
Der Umfang, welchen chinesische wissenschaftliche Sammelwerke oft erreichen, ist
ein enormer, denn der angehende Gelehrte muss alles lesen, was die Klassiker früherer
Zeiten geschrieben haben, und er muss es genau so und in demselben Umfange
lesen, wie es geschrieben worden ist. So ist z. B. ein literarisches Sammelwerk,
welches im 17. Jahrhunderte unter kaiserlichem Patronate herausgegeben wurde,
und welches dem auf höhere Grade aspirierenden Gelehrten unentbehrlich ist, aus
nicht weniger als 6000 Bänden zusammengesetzt. Mr. Major hat dieses Werk neu
aufgelegt, und es ist ihm gelungen, dasselbe auf den — vergleichsweise ganz
handlichen — umfang von 1800 Bänden zu reduzieren. Im Jahre 1887 wurde der
Druck dieses Kolossalwerkes beendigt.