[...] Scha-schi hat noch eine dritte, ziemlich bedeutende Lokalindustrie, die Anfertigung sogenannter Steppdecken aus Seide. Diese Decken haben ihr Absatzgebiet im ganzen Land. In niedlichen Mustern aus Quadraten von ungefähr 10 Zentimeter in den verschiedensten, möglichst grellen Farben aneinander gefügten Seidenstückchen werden .diese zwei Meter langen und eineinhalb Meter breiten, feinen, luxuriösen Seidendecken nach Gewicht verkauft, um dann, je nach der Wohlhabenheit oder dem Gutdünken des Käufers mit einer Baumwoll- oder Federneinlage gefüllt, abgesteppt zu werden. Diese Entenfedern kommen aus Se-Tschuan, der Transitmarkt dafür ist Tschung-king, der Hauptmarkt Schanghai.
Scha-schi hat jetzt 73,000 Einwohner, King-tschou zählt deren 30,000. Während King-tschou lediglich Garnisonstadt ist, betreiben die Bewohner von Scha-schi eine ausgedehnte Hausindustrie, sowie Handel und Schiffahrt, die, falls Han- und Pien-Flüsse mit Dampfern befahren werden sollen, einer großen Ausdehnung entgegensehen. Diese Aussicht hat sowohl England wie Japan veranlasst, Berufskonsuln hierher zu setzen. Es sind bereits elf Japaner hier ansässig. Den Besuch, den der japanische Konsul uns auf dem Hausboot machte, erwidernd, wurde ich von ihm in den Parterrelokalitäten seiner ausgedehnten Räumlichkeiten herumgeführt und war erstaunt über die reichhaltigen, im Herzen Chinas ausgestellten Warenmuster japanischer Industrie. Wahrlich, das hatte ich mir nicht träumen lassen, im Innersten Chinas eine Gewerbeausstellung japanischer Fabrikate so geschmackvoll und praktisch organisiert und aufgestellt, mit Provenienzmarken und Preisen versehen, vorzufinden. Erst vor wenigen Tagen war die Musterkollektion angelangt, doch war sie bereits von verschiedenen chinesischen Großkaufleuten besichtigt, dagegen war ich der erste Europäer, dem Gelegenheit geboten wurde, die Kollektion zu sehen. Proben von japanischem Bier verschiedener Brauereien, Bier, das ebenso gut mundet wie Milwaukee- oder St. Louisbier, zu 8 mexikanischen Dollar pro 96 halbe Flaschen! Streichhölzer - utan swafel och fosfor - in Japan fabriziert, nicht ganz 50 Pfennig pro 100 Schachteln, Petroleum- und Öllampen, allerhand Glaswaren nach Art der böhmischen Kristalle, Wanduhren, Pendulen, bunt gewebte Baumwolldecken, dicke Zimmerteppiche in bunten Mustern, unsern Hanauer und Wurzener Fabrikaten täuschend nachgebildet, aber in Baumwolle, in Größe eines mittelgroßen Speisezimmers, zum Preise von 5 Dollar, baumwollene farbig gemusterte Bettdecken, Seidenzeuge, seidene Gürtel, Seife, Gemüse und Seeprodukte, Konserven in Dosen eingelötet, Früchte in Dosen, Lackwaren, Bambuswaren, wie Tische, Stühle, Betten, Kioto-Porzellanwaren, Papierkoffer, den chinesischen Schweinshautkoffern täuschend nachgemacht, Wollzeuge, Strümpfe, baumwollene Unterkleidung, Hemden, Netzzeug, Schirme nach Art der europäischen, Elfenbeinarbeiten, Photographiealbums mit Ansichten, Messer, Ornamentalguss für Balustraden und so weiter, fertige Möbel, Bronzen, Spielwaren in reicher Auswahl, Fächer in allen Formen, mit bemalter Seide bezogen, Schiffstaue, Schnüre aus Hanf, baumwollene Handtücher, glatt, gewaffelt und rauh und so weiter. Es schien mir gerade, als ob ich mich in Deutschland in einer Gewerbeausstellung befände. Der Besuch allein dieser kleinen Ausstellung, die Besichtigung dieser im Herzen Chinas ausgestellten japanischen Fabrikate hat die Reise nach Scha-schi für mich zu einer interessanten gemacht. Dass die Japaner ein sparsames, fleißiges, intelligentes, rühriges Volk sind, dass sie seit dem Krieg mit China mit Riesenschritten, vielleicht zu rasch, vorwärts gehen, das ist uns allen bekannt. Die energische Methode aber, mit der sie zäh und unerschrocken im Inneren Chinas ihre Produkte einführen, wird gar manchem bei uns neu sein. Man kann auch, ohne sich zu freuen, bewundern; so ist es mir in Scha-schi in der Gewerbeausstellung japanischer Fabrikate ergangen - hier kann die deutsche Expedition nach Ostasien lernen.